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ALLRIS - Vorlage

Mitteilungsvorlage öffentlich - VO/2022/345

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Beratungsfolge

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Sachverhalt

1. Begründung der Nichtöffentlichkeit: entfällt

 

 

2. Sachverhalt:

Die Verwaltung informiert die Politik mit dieser Vorlage über anstehende Veränderungen im Vormundschafts- und Betreuungsrecht.

 

Am 01.01.2023 tritt das „Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 4. Mai 2021“ in Kraft.

Die neuen Inhalte im Vormundschaftsrecht beziehen sich im Wesentlichen auf folgende Schwerpunkte:

  • die Einführung eines zusätzlichen Pflegers,
  • die Einführung der Möglichkeit, Sorgeangelegenheiten zwischen Vormund und Erziehungsperson etwa den Pflegeeltern zu teilen
  • die stärkere Orientierung der Eignung und Auswahl des Vormunds am Wunsch und Bedarf des Kindes
  • der Vorrang der ehrenamtlichen Vormundschaft bei Gleichstellung aller anderen drei Formen der Vormundschaft
  • die Einführung einer vorläufigen Vormundschaft
  • das Gebot der funktionellen, organisatorischen und personellen Trennung der Aufgaben der Amtsvormundschaft von anderen Tätigkeitsbereichen des Jugendamtes

 

Diese Gesetzesreform stellt zukünftig größere Herausforderungen in der verwaltungsmäßigen Bearbeitung und im Verfahrensablauf im Bereich der Fachgruppe Amtsvormundschaft/Beistandschaft dar. Diese werden nachstehend näher dargestellt. Aus Gründen der Vereinfachung wird nachfolgend nur der Begriff Vormundschaft verwendet. Für die Pflegschaft gem. §§ 1809 BGB n.F. gilt das Dargestellte jedoch überwiegend auch.

 

  1. – Personensorge für Minderjährige stärken

Das neue Vormundschaftsrecht setzt den Weg des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes fort, indem es die Kinderrechte jetzt mit §§ 1788, 1790 Abs. II BGB n.F. zentral platziert. Danach werden mehr als bisher die Kinderrechte gestärkt.

Hierbei ist ausdrücklich die Beteiligung des Mündels in „ihn betreffende Angelegenheiten“ aufgelistet. Der Amtsvormund hat die Angelegenheiten der Personensorge und Vermögenssorge zu besprechen und den Mündel an der Entscheidung zu beteiligen. Dies wird zu einem erweiterten Gesprächsbedarf mit dem Mündel führen. Die nach Ermessen des Vormunds notwendigen regelmäßigen Kontakte müssen ggf. spontan anlassbezogen erweitert werden, um auch in aktuellen Entscheidungssituationen einer Beteiligung gerecht zu werden.

 

Zusätzlich zur Arbeit als Sorgeberechtigter soll der Vormund gemäß § 1790 BGB n.F. ausdrücklich die Eltern zum Wohle der Kinder einbeziehen und ihnen Auskunft erteilen, soweit dies dem Wohl des Kindes entspricht und der Wille des Mündels nicht entgegensteht.

Hier wird ein erheblicher Mehraufwand für den einzelnen Amtsvormund erwartet.

 

  1. – ehrenamtliche Vormundschaft stärken

Ebenso erfährt die ehrenamtliche Vormundschaft eine Stärkung durch den zukünftig ausdrücklichen Vorrang des Ehrenamtes vor den anderen Formen der Vormundschaft (§ 1779 Abs.2 BGB n.F.).

 

Die schon jetzt bestehende Verpflichtung des Jugendamtes, dem Gericht einen geeigneten Vormund vorzuschlagen (§ 53 Abs. 1 SGB VIII) wird ab 2023 dahingehend ergänzt, dass dem Jugendamt (die Amtsvormundschaft) gegenüber dem Gericht eine Begründungspflicht auferlegt wird, wenn kein geeigneter (ehrenamtlicher) Vormund gefunden werden konnte.

 

Zwar verfolgt die Vormundschaft im Kreis den Vorrang des Ehrenamtes nach aktueller Gesetzeslage bereits schon seit 2015, gemeinsam mit dem Projekt „Ehrenamtliche Vormundschaft“ der Diakonie. Mit der neuen Gesetzeslage müssen hier allerdings künftig noch mehr Anstrengungen unternommen werden, um dem Vorrang der ehrenamtlichen Vormundschaft Rechnung zu tragen. Dies wird sich in erhöhtem Arbeitsaufwand niederschlagen.

 

Das Projektes „Ehrenamtliche Vormundschaft“ in der jetzigen Form wird voraussichtlich nicht ausreichen, sollten die Gerichte von der „vorübergehenden Vormundschaft“ umfangreich Gebrauch machen. Zurzeit vermittelt die Diakonie ca.10-12 Vormundschaften pro Jahr, betreuen aktive ehrenamtliche Vormünder und akquiriert neue potentielle Kandidaten für die ehrenamtliche Vormundschaft. Dies dürfte mehr werden, wenn die Änderungen durch die Gerichte konsequent angewendet werden und der Vorrang der ehrenamtlichen Vormundschaft durch die Richterschaft insbesondere nach Ablauf der vorübergehenden Vormundschaft umgesetzt wird.

 

 

Durch die Einsetzung eines zusätzlichen Pflegers (§1776 BGB n.F.) bzw. Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger (§ 1777 BGB n.F.) ergibt sich aufgrund § 1792 BGB n.F. bei Beteiligung der Amtsvormundschaft ein erhöhter Gesprächsbedarf zwischen den eingesetzten Sorgeberechtigten, der noch genauer zu beziffern sein wird.

 

  1. Bereits bestehende Herausforderungen für die Vormundschaften im Kreis

 

-          Ein Vormund ist für rund 50 Mündel zuständig. Damit kann die verpflichtende gesetzliche Fallzahl je Fachkraft grundsätzlich eingehalten werden

-          Da „einfache“ Fälle regelmäßig an ehrenamtliche Vormünder übertragen werden, bleiben jedoch die besonders herausfordernden Fälle bei den Amtsvormündern. Der Fachkraft/Kind-Schlüssel ist eigentlich als „Mischkalkulation“ zwischen leichteren und komplexeren Fällen angelegt

-          Gegenwärtig stehen den Amtsvormündern effektiv im Schnitt 47 Minuten pro Woche pro Mündel zur Verfügung (rund 3 Stunden im Monat)

-          In diese Betreuungszeiten sind die Fahrtzeiten im Kreis einzuberechnen, die auf Grund der Fläche durchaus eine Stunde und mehr betragen können

-          Dadurch ist das Einhalten der verpflichtenden, mindestens monatlichen persönlichen Kontakte zum Mündel nicht immer möglich

 

  1. Stellenmehrbedarf aufgrund gesetzlicher Änderungen?

Aus den geänderten Vorschriften verändern sich die Anforderungen an die Vormünder. Viele Jugendämter in Schleswig-Holstein haben daraufhin bereits zusätzliches Personal eingestellt oder erwägen dies. Die Verwaltung wird in den kommenden Wochen prüfen, ob auch im Kreis ein höherer Bedarf an Planstellen entsteht. Dazu wird der erwartete Mehraufwand nochmals konkretisiert, alternative Lösungen zur Bewältigung eines möglichen Mehraufwandes geprüft (z.B. durch Ehrenamt oder Berufsbetreuer) und der Vergleich mit anderen Jugendämtern in Schleswig-Holstein herangezogen. Dabei soll auch in den Blick genommen werden, welche Lösungen dort gefunden wurden. Geplant ist bereits die Durchführung einer gemeinsamen Fachtagung/Fortbildung mit dem Thema Vormundschaftsreform - Personelle Auswirkungen auf die Jugendämter. 

 

Nach Vorliegen von weitergehenden Ergebnissen wird die Verwaltung zeitnah berichten.

 

Konnexität ist nicht vereinbart.

 

Es wird um Kenntnisnahme gebeten.


 

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Finanzielle Auswirkungen

Relevanz für den Klimaschutz: entfällt


 

 

Finanzielle Auswirkungen:


 

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