Mitteilungsvorlage öffentlich - VO/2020/432
Grunddaten
- Betreff:
-
Evaluation des Stellenbedarfs für Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt und sonstiger Leistungen für Asylbewerber nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage öffentlich
- Federführend:
- FB 4 Soziales, Arbeit und Gesundheit
- Bearbeiter/in:
- Uwe Radant
- Ansprechpartner/in:
- Radant, Uwe
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
|
|
Hauptausschuss
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Kenntnisnahme
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20.08.2020
|
Sachverhalt
1. Begründung der Nichtöffentlichkeit:
Entfällt
2. Sachverhalt:
Im Jahr 2015 stieg die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber sprunghaft an, was sich auch auf den Arbeitsanfall in der "Krankenhilfe" nach dem Asylbewerber-leistungsgesetz (AsylbLG) auswirkte. Um die Aufgaben bewältigen zu können, stellte der Kreistag in seiner Sitzung am 14.12.2015 zum Haushalt 2016 dafür zusätzlich zu der nur einen vorhandenen Stelle für den Aufgabenbereich mit einer Erhöhung des Personalbudgets befristet eine 0,5 Vollzeit-Stelle, Verwaltungs-kraft EG 8, zur Verfügung.
Der Hauptausschuss empfahl dem Kreistag in seiner Sitzung am 05.10.2017, die Stelle zu entfristen und die für die Besetzung erforderlichen Haushaltsmittel ein-schließlich der tariflichen Steigerungen zur Verfügung zu stellen. Außerdem sollte
die weitere Entwicklung zum 31.03.2020 evaluiert und das Ergebnis dem Haupt-ausschuss mitgeteilt werden.
In der sogenannten Krankenhilfe haben sich die Fallzahlen folgendermaßen entwickelt:
Stichtag jeweils 31.12. | Krankenhilfeempfänger nach § 2 AsylbLG | Krankenhilfeempfänger nach § 4 AsylbLG | gesamt | |||
2010 | 92 |
| 295 |
| 387 |
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2011 | 117 |
| 337 |
| 454 |
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2012 | 133 |
| 421 |
| 554 |
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2013 | 44 |
| 690 |
| 734 |
|
2014 | 250 |
| 995 |
| 1.245 |
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2015 | 346 |
| 2.985 |
| 3.331 |
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2016 | 686 |
| 1.865 |
| 3.847 |
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2017 | 1.264 |
| 1.205 |
| 2.469 |
|
2018 | 931 |
| 453 |
| 1.384 |
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2019 | 812 |
| 335 |
| 1.147 |
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31.03.2020 | 792 |
| 354 |
| 1.146 |
|
Festzustellen ist, dass die Gesamtfallzahlen in den Jahren 2010 - 2013 stetig, 2014 - 2016 erheblich gestiegen sind. Seit dem Jahr 2017 sinken die Fallzahlen wieder, haben zum 31.12.2019 etwa den Stand von 2014 erreicht. Anzumerken ist, dass die Anzahl der Hilfeempfänger eine Momentaufnahme jeweils am Jahresende darstellt. Innerhalb eines Jahres findet ein ständiger Wechsel durch Zu- und Abgänge statt, beispielsweise durch die Aufnahme und Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Die Fallzahlen stellen also die Anzahl an einem Stichtag dar und nicht den tatsächlichen Verlauf von Fallzahlen.
Weiterhin fällt auf, dass sich das Verhältnis der Rechtskreise, nach denen die Leistungen zu erbringen sind, geändert hat. Bis 2016 erhielt der weitaus über-wiegende Teil der Leistungsempfänger Leistungen nach § 4 AsylbLG. Es handelt sich dabei um Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, insbesondere für eine Behandlung in Notfällen und bei Schmerzen. Diese Leistungen waren Flüchtlingen bis August 2019 für 15 Monate mit Beginn der Entlassung aus der Erstaufnahmeeinrichtung und der Zuweisung zu einem Wohnort zu erbringen. Ab September 2019 hat sich dieser Zeitraum auf 18 Monate verlängert.
Nach Ablauf dieser Zeitspanne besteht gemäß § 2 AsylbLG für Leistungsempfänger ein analoger Anspruch entsprechend der Hilfen zur Gesundheit nach dem SGB XII (Sozialhilfe). Der Anteil dieser Leistungsberechtigten hat sich im Verhältnis zu denen nach § 4 AsylbLG erheblich erhöht, damit verbunden waren auch mehr durchzu-führende Umstellungsverfahren.
In der Praxis zeigte sich, dass viele der Personen in den Leistungsbereich des SGB II wechseln konnten. Mit einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder dem Leistungsbezug im SGB II, entfällt der Anspruch auf Krankenhilfeleistungen nach § 2 AsylbLG.
Endet das Beschäftigungsverhältnis, ist im Einzelfall zu prüfen, ob ein Krankenver-sicherungsschutz im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung weiterhin besteht bzw. wie der Schutz gegen Krankheit anderweitig sichergestellt werden kann. Hierfür entsteht beim Kreis gegenüber den Sozialämtern der kreisangehörigen Kommunen ein erhöhter Beratungsaufwand dadurch, dass die Leistungsberechtigten auf Mitteilungen der Krankenkasse meist zu spät reagieren und sich erst melden, wenn beim Aufsuchen eines Arztes die elektronische Krankenversicherungskarte nicht funktioniert, weil sie gesperrt wurde. Aber auch inhaltlich sind die Sachverhalte komplexer geworden, sodass der Aufwand für die Recherche und Prüfung einen höheren Zeitanteil einnimmt.
Die Abrechnungen von erstattungspflichtigen Kosten mit den Krankenkassen gestaltet sich durch die zeitlichen Verzögerungen zwischen dem Leistungsfall und dem Vorliegen der Abrechnungen zunehmend schwieriger, da im Nachhinein fürs Recherchieren und Prüfen ein höherer Zeitaufwand benötigt wird.
Das Krankenversicherungsrecht des SGB V stellt ein umfangreiches Rechtsgebiet dar, für das eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten oder zumindest langjährige Erfahrungen sinnvoll wären. Diese Bedingungen können bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den kreisangehörigen Kommunalver-waltungen nicht immer vorausgesetzt werden. In diesen Fällen wird umfassende Unterstützung bei der Prüfung von Vorrangversicherungen benötigt. Hierzu sind diverse Möglichkeiten zu prüfen, wie z.B. Pflichtversicherung für Nichtversicherte, freiwillige Krankenversicherung innerhalb von drei Monaten nach Pflichtversicherung bzw. in der obligatorischen Anschlussversicherung, Auslandsversicherung über Auslandsabkommen, Familienversicherung bei Heirat ohne Heiratsurkunde etc. Ebenfalls werden Hilfestellungen, auch für Hilfesuchende, gegeben bei der Vorbe-reitung von Widersprüchen, um den Krankenkassen die Fallkonstellation und Rechts-grundlagen aufzuzeigen, die erst eine Aufnahme in die Krankenversicherung möglich machen. In diesem Zusammenhang muss festgestellt werden, dass nach unserer Auffassung die Krankenkassen ihrer Beratungspflicht oftmals nicht im erforderlichen Umfang nachkommen. Diese Arbeiten sind sehr zeitintensiv.
Ohne die personelle Verstärkung wäre eine ordnungsgemäße Aufgabenerledigung nicht zu erfüllen gewesen. Auch wenn es sich nur um eine Teilzeitstelle im Umfang von 0,5 VZ handelt, konnte durch die 2. Kraft nicht nur bei Abwesenheit der anderen Sachbearbeiterin sichergestellt werden, dass ein Ansprechpartner zur Verfügung steht. Diese Notwendigkeit wird auch weiterhin gesehen. Zwar ist die Anzahl von Leistungsberechtigten als solche seit 2017 rückläufig. Aber wie zuvor beschrieben, hat sich die Aufgabenstellung wesentlich verändert.
Insbesondere durch die komplexe Materie des Krankenversicherungsrechts ist es weiterhin erforderlich, dass bei Fragen zur Krankenhilfe eine Anlaufstelle vorhanden ist, deren ureigenes Interesse darin besteht, die vorrangigen Leistungsansprüche gegenüber den Krankenversicherungen sicherzustellen. Dadurch können unnötige Sozialhilfeleistungen vermieden werden.