Mitteilungsvorlage öffentlich - VO/2019/928
Grunddaten
- Betreff:
-
Reform der Finanzierung von Kindertagesstätten - Folgen aus Sicht des Kreises Rendsburg-Eckernförde
- Status:
- öffentlich (Vorlage abgeschlossen)
- Vorlageart:
- Mitteilungsvorlage öffentlich
- Federführend:
- FD 3.1 Kinder, Jugend, Sport
- Bearbeiter/in:
- Christina Mönke
- Ansprechpartner/in:
- Mönke, Christina
Beratungsfolge
Status | Datum | Gremium | Beschluss | NA |
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●
Erledigt
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Jugendhilfeausschuss
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Kenntnisnahme
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22.05.2019
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Sachverhalt
Sachverhalt:
Mit Vermerk vom 30.01.2019 hat der Landrat dem Hauptausschuss zum Sachstand der Kita-Reform berichtet und eine Bewertung vorgenommen. Der Vermerk wurde dem Ausschuss in der Sitzung vom 13.02.2019 zur Kenntnis gereicht.
Ziele der Reform waren:
- Finanzielle Entlastung der Kommunen
- Vereinfachung der Finanzierungsregelungen
- Qualitätsverbesserung für die Kindertagesbetreuung
- Finanzielle Entlastung der Eltern
Das neue Modell sieht folgende Finanzbeziehungen vor:
Bewertung des neuen Modells in Bezug auf die gesetzten Ziele der Reform:
- Unzureichende finanzielle Entlastung der Kommunen
- Weitere Finanzierungsrisiken für die Kommunen
- Mehr statt weniger Finanzbeziehungen und keine einheitliche Verantwortung
Folgen:
Es ist zu befürchten, dass aufgrund der Stärkung der Rolle des Kreises und der Vielzahl der Ebenen, die zukünftig Qualitätsansprüche an das System Kita formulieren werden, die Identifikation auf gemeindlicher Ebene für die Aufgabe der Kindertagesbetreuung sinken wird.
Personalmehrbedarfe des Kreises:
Die finanziellen Folgen der Kita-Reform werden in Bezug auf die neuen Verfahren, Standards und Zuständigkeiten intensiv diskutiert.
Bisher nicht kalkuliert wurden die zusätzlichen Personalkosten, welche durch die neuen Aufgaben der Kreise in der Finanz- und Verantwortungsstruktur entstehen können.
Funk tion | Bisher | VZÄ Bis-her | Neu | VZÄ neu | EG | Mehrauf-wand (KGSt in €) |
Bedarfs planung | Unter 5 % in der Stelle der Jugendhilfeplanung. Planung und Anmeldung von Bedarf durch die Kommunen, hier nur Plausibilitätsprüfung und Beschluss des JHA. Rein administrative Aufgabenwahrnehmung. | Unter 0,05 | Kreisweite intensive Bedarfsplanung in der Rolle des örtl. Trägers des Jugendhilfe bekommt Bedeutung durch: - Wunsch- und Wahlrecht - Verhinderung von Leerstandskosten (zu Lasten der Kreise) - Identifikation und Bewertung von strukturellen Unterschieden Neue Herausforderung für den Kreis:
- Controlling der Bevölkerungsentwicklung und der Sozialstruktur - Bedarfsgerechte Planung der sozialen Infrastruktur in den Kommunen/ übergreifend in den Amtsbereichen - Identifikation von Bedarfen an KiTa/Tagespflege | 1,0 | E 12 | 89.100 |
SQKM Finan-zielle Struktur | Verhandlung zu Restkosten und Fehlbetragsverträgen finden nur zwischen Kommunen und Trägern statt. | 0 | Die rund 180Einrichtungen im Kreisgebiet sollen SQKM-tauglich gemacht werden. Standards sind theoretisch beschrieben, die Einrichtungen müssen durch veränderte Verträge (kommunale und freie Träger) an die Standards herangeführt werden, um entsprechende Kosten zu erzeugen. - Fortlaufende Begleitung und Kontrolle der Umsetzung des SQKM - Qualitätsentwicklung - Verhandlung und Abschluss von Leistungsvereinbarungen in Zusammenarbeit mit den Kommunen. | 2,0 | E 11 | 156.800 |
Funktion | Bisher | VZÄ bisher | Neu | VZÄ neu | EG | Mehraufwand (KGSt in €) |
Verwaltung | Sozialstaffel und Betriebskostenförderung durch 1,0 VZÄ. Berechnung anhand des RD-Modell der Pro-Platz-Finanzierung. Transparent und einfach in der Anwendung. Eingabe der Zuschüsse, danach berechnet die Tabelle „allein“. Bescheide und Übersichten für die Ämter werden generiert. Einfache Abwicklung der zusätzlichen Fördererlasse. | 1,0 | Aufwändigere Erfassung im SQKM, einrichtungsbezogene Daten sind gruppenbezogen und differenzierter zu hinterlegen. Es gibt 2 Abrechnungswege: - subjektbezogener Einzug von Finanzierungsanteilen von Land und Wohnortkommune - objektbezogene Auszahlung an die Träger - Pflege und Kontrolle der landesweiten Kita-Datenbank („Super-User“), - Bei negativer Abweichung von SQKM-Qualität in der Realität ggf. Rückforderungen - Berechnung und Auszahlung von Strukturausgleichzahlungen (nach Vorgabe der Bedarfsplanung) | 2,0 | E 8 | 54.000 |
Fach-beratung | Bisher 0,5 für Familienzentren, Bundesprogramme, Leitungstreffen, kritische Fälle in pädagogischen Fragen. | 0,5 | SQKM- Qualität vor Ort/ „Aufsicht SQKM Standards“ im pädagogischen Alltag: Beratung zu qualitativen Standards, Umstellung und Einhaltung der Vereinbarungen begleiten. Beratung zur Anpassung und Einführung neuer Konzepte. Aufsicht über die tatsächliche Umsetzung. | 1,5 | S 12 | 67.200 |
Funktion | Bisher | VZÄ bisher | Neu | VZÄ neu | EG | Mehrauf-wand (KGSt in €) |
Heimaufsicht | 1,0 | 1,0 | Keine Veränderung der Aufgabe | 1,0 |
| 0 |
Investitionskosten- förderung und Familienzentren (Verwaltung) | 0,3 | 0,3 | Keine Veränderung der Aufgabe | 0,3 |
| 0 |
Tagespflege-förderung | 2,5 Berechnungen nach Kreisrichtlinie zur Förderung der Tagespflege und Kostenbeitragsberechnungen inkl. sozialer Ermäßigung sowie Abrechnung der Projekte mit den Gemeinden. | 2,5 | Berechnung nach SQKM, Pflege der landesweiten Datenbank für die Angebote der Kindertagespflege, Heranziehung und Sozialstaffel, Auszahlung und Rückforderungen. | 2,5 |
| 0 |
Fachberatung und Genehmigung Tagespflege | Beratung, Genehmigung, Vermittlung, Qualitätssicherung, Fortbildung | 0,75 | Beratung, Genehmigung, Vermittlung, Qualitätssicherung, Fortbildung | 0,75 |
| 0 |
Gesamt |
| 6,1 |
| 11,05 |
| 367.100 |
ach einer ersten vorsichtigen Kalkulation wird dem Kreis durch den zusätzlichen Personalbedarf ein höherer Aufwand von rund 370.000,- pro Jahr entstehen.
Der Mehraufwand wurde auf Grundlage eines Vergleiches zwischen den bisherigen Aufgaben und Personalbedarfen des Kreises im Bereich Kindertagesbetreuung und den zu erwartenden künftigen Anforderungen in den neu festgelegten Rollen prognostiziert. Dadurch soll eine frühzeitige Information der Kreispolitik über personelle Mehrbedarfe und –kosten gewährleistet werden.
Stellungnahme:
Die bisherige Wahrnehmung der Aufgaben im Bereich der Kindertagesbetreuung erfolgt im Kreis Rendsburg-Eckernförde mit einem vergleichsweise geringen Personalbestand. Dies ist möglich, weil die Kommunen und Ämter vor Ort einen großen Teil der operativen Aufgaben übernehmen. Der Schwerpunkt der Arbeit des Kreises liegt in der Beratung und Unterstützung der Selbstverwaltung. Die Nutzung der Amtsstrukturen und Verantwortung im Ehrenamt ist eine bewusste Entscheidung, die im Rahmen der bisherigen Finanz- und Verantwortungsstrukturen auch sinnvoll und mit den Gemeinden vereinbart ist.
Durch die geplanten Neuregelungen entstehen für den Kreis Rendsburg-Eckernförde konkret definierte neue Aufgaben, die in der bisherigen Kooperationsstruktur entweder durch die Kommunen oder Ämter erledigt wurden, durch die Reform umfangreicher wahrgenommen werden müssen oder völlig neu entstehen werden. Die Frage der Konnexitätsrelevanz einzelner Veränderungen muss noch thematisiert und dann gegenüber dem Land vertreten werden.
Synopse zu den Veränderungen:
Anmerkung zum Aufwand:
Im Kreis liegt die Zuständigkeit für:
- 165 Gemeinden
- 180 Kindertagesstätten, 170 Tagespflegepersonen
- 2844 betreute Kinder U 3, 8360 betreute Kinder Ü 3
Fazit:
Der Personalmehrbedarf des Kreises Rendsburg-Eckernförde wird mit rd. 370.000 € beziffert. Verhandlungen der Spitzenverbände – hier LKT – mit dem Land zu Konnexitätsforderungen sind davon zunächst unabhängig, können diese aber als Grundlage unterstützen.
Eine Forderung gegenüber dem Land wurde damit noch nicht geltend gemacht, sondern die Kreispolitik über tatsächliche Begebenheiten in der eigenen Organisationsstruktur informiert.
Bezüglich der Rolle des Kreises als örtlicher Träger der Jugendhilfe für die Aufgabe der Kita-Bedarfsplanung ergab sich in der Folge Konkretisierungsbedarf, welcher auch hier detailliert erläutert wird:
Rechtliche Grundlagen der KiTa-Bedarfsplanung und Ausgestaltung
Die Leistungsverpflichtungen des örtlichen Trägers der Jugendhilfe werden in § 24 SGB VIII i.V.m. § 3 (2) Satz 2 SGB VIII sowie den Regelungen zur Jugendhilfeplanung nach § 80 SGB VIII beschrieben. Etwaige Rechtsansprüche richten sich gegen den örtlichen Träger der Jugendhilfe, also gegen den Kreis.
Die Kita-Bedarfsplanung wird in landesrechtlichen Regelungen konkretisiert (§§ 6,7,8 KitaG). Auf dieser Grundlage hat sich für den Kreis Rendsburg-Eckernförde ein fachlich und ressourcenorientiert austariertes System der Kooperation zwischen Kreis und Kommunen etabliert, welches den dargestellten gesetzlichen Anforderungen entspricht:
- Die Gemeinden erheben vor Ort die Bedarfe ihrer Familien (Indizien sind Geburtenraten, Befragungen, Anmeldeverhalten, Planung von Baugebieten, stille Baureserven, Investorengespräche, Kontakte zu den Erziehungsberechtigten etc.) und melden diese einmal jährlich zum Stichtag 01.03. auf Anforderung sowie anlassbezogen jederzeit unterjährlich an den Kreis.
- Alle Meldungen für den Bedarfsplan des Kreises werden in der Jugendhilfeplanung erfasst und dem zuständigen Fachdienst für Kindertagesbetreuung zur Beratung, Unterstützung und auch Plausibilisierung vorgelegt.
- Der Jugendhilfeausschuss wird über die Meldungen zum Bedarfsplan regelmäßig informiert und stimmt über die Änderungen ab.
- Nur Plätze, die im Bedarfsplan des Kreises aufgenommen sind, werden in die laufende Förderung des Landes und des Kreises mit aufgenommen.
- Der Fachdienst 3.1 unterstützt in enger Kooperation beratend die Ausbaubemühungen der Gemeinden entsprechend der gemeldeten Bedarfe.
- Bedarfsmeldungen von Eltern im Einzelfall, die vor Ort nicht erfüllt werden können, werden durch die zuständigen Ämter sofort an den Kreis gemeldet. Der Fachdienst sucht amtsübergreifend nach einem bedarfsgerechten Betreuungsangebot und steht hier für alle als Ansprechpartner zur Verfügung.
Die Bedarfspläne des Kreises liegen dem zuständigen Ministerium (letztmalig auf Anforderung zur Unterstützung der Kita-Reform in 2018) vor und wurden in ihrer Form nie beanstandet.
Seitens des Landes Schleswig-Holstein gibt es keine landeseinheitlichen Vorgaben zur Ausgestaltung der KiTa-Bedarfsplanung, obwohl das Land hierzu nach § 7 (5) KiTaG im Verordnungswege berechtigt wäre.
Versorgungsquote im Kreis Rendsburg-Eckernförde
Der Erfolg der bisher im Kreis gelebten engen und kooperativen Zusammenarbeit zwischen Kreis und Gemeinden wird in folgenden Ergebnissen deutlich:
- Laut Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes vom 17.10.2018 sind bundesweit 33,6 % der Kinder U 3 am 01.03.2018 in Betreuung. Schleswig-Holstein verfügt mit 33,7 % über die höchste westdeutsche Versorgungsquote bei den Flächenländern. Im Kreis ist nach den vorliegenden Daten eine Versorgungquote von 40,4 % erreicht, die nach Umsetzung der aktuellen Planungen auf 41,3 % ansteigen wird.
- Regionale Besonderheiten eines Flächenkreises mit stark unterschiedlichen Sozialräumen sind berücksichtigt. So liegt die Versorgungsquote in direkter Nähe zur Landeshauptstadt höher (zum Beispiel Kronshagen mit 50%), als im ländlichen Raum (zum Beispiel Mittelholstein mit 26,1 %).
- Die kreisweite Versorgungsquote für Kinder Ü 3 liegt bei nahezu 100 %.
- Seit 2012 sind lediglich 2 Klagen auf Amtshaftung (in Bezug zu § 24 SGB VIII) anhängig gewesen, die zu Gunsten des Kreises abgelehnt wurden.
Sofern die verkündeten Eckpunkte der Reform umgesetzt werden, bekommt eine kreisweite intensivere Bedarfsplanung in der Rolle des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe eine andere und konkret festgelegte Bedeutung. Eine Verbesserung der ohnehin schon guten Lage im Kreis steht hierdurch nicht zu erwarten.
Gemeindliche Haushalte haben bisher 50 % der Belastungen in Kita getragen.
Wer die Restkosten zahlt, bestellt nicht zu viele Plätze und fühlt sich voll umfassend für die Planungen verantwortlich. Die Rolle des Kreises wird sich im neuen System von der Rolle des Beraters und Unterstützers zu einer Rolle des Planers umwandeln, in welcher die Ausgleichs- und Vermittlungsfunktion eine große Rolle spielen wird.
Es besteht das Risiko, dass künftig bei den Gemeinden die Frage der Attraktivität des Standortes eine höhere Rolle spielen kann, auch in Bezug auf Wettbewerb und Wunsch- und Wahlrecht der Eltern. Der gemeindliche Anteil am SKQM ist zukünftig festgelegt und wird für die Kinder der Gemeinde subjektbezogen erhoben. Fehlplanungen kosten künftig das Geld des Kreises – und somit in der Folge das Geld aller Gemeinden über die Kreisumlage –.
Der aufgezeigte Personalmehrbedarf wird weiterhin als realistisch eingeschätzt.
Christina Mönke